«Satire, durch die sich der Satiriker nicht auch unbeliebt macht, ist keine Satire»
Alfred Dorfer österreichischer Kabarettist
«Kabarett ist die Fortsetzung der Philosophie mit fröhlicheren Mitteln»
Franz Hohler:
Das Theaterstück «Blatten» ist im Lauke-Verlag, Hamburg erhältlich
Das ist Hans Suter: Er hat ihn genau erkundet, den Alltag zwischen Gartensitzplatz, Frischfischabteilung und Autobahnbord, hat den Irrsinn, der dort umgeht, mit sicherem Blick erkannt und daraus scheinbar unscheinbare aber immer messerscharfe Miniaturerzählungen gebaut. Immer wieder gibt es einen letzten Satz, der im Nachhall einen doppelten Boden aufklappt. Suter kommt hinterrücks und leise, doch triftig und scharf... • ddf, Der Bund
Statussymbole
Vor nicht allzu langer Zeit war der Status des beschäftigten Menschen auf den ersten Blick ersichtlich. Wer sich nicht dreckig machte bei der Arbeit, mit Anzug und Krawatte unterwegs war, hatte den Status eines gutbezahlten Angestellten. Wer ein Übergwändli trug, hatte ein bildungsfernes Elternhaus, in dem akkurat darauf geachtet wurde, dass sonntags das Sonntagsgwändli getragen wurde; an Beerdigungen auch an Werktagen. In den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts kamen Studenten aus einem bildungsnahen Elternhaus im Lumpenlook daher, dem dann eine Zeitlang auch andere Jugendliche folgten.
Heutzutage tragen Greise Sweatshirts mit Aufdrucken wie «Fuck you» oder «University of California». An Altersausflügen übertrifft man sich gegenseitig mit dreifarbigen Sneakers. (das sind diese turnschuhähnlichen Plastikdinger in pink, giftgrün und gelb.)
Kürzlich begegnete Hugo einem mehr oder weniger heruntergekommenem Paar; die Frau hatte eine Zigarette im Mund und lange Zehennägel guckten aus den zerrissenen Sneakers. Der Mann trug einen Plastisack gefüllt mit Bierbüchsen; aus einer trank er. Auf der Rückseite seines T-Shirts stand «just do it». Ja wat denn. Wobei Hugo, selbstkritisch wie er war, sich sagen musste, wenn ein Banker dieses T-Shirt getragen hätte, wäre es ihm auch wieder nicht recht gewesen.
Hugo trägt manchmal auch ein angeschriebene Leibchen – weil man kaum noch unangeschriebene findet – auf dem etwas geschrieben steht, das er weder ist oder gar versteht und das auch mit seinem Leben nichts zu tun hat. Sein Statussymbol ist vielleicht seine uralte Baseballmütze, da steht drauf «FUN». Was er jedenfalls nie tragen würde, wären zerrissene Hosen; er würde sie erst flicken.
Heutzutage tragen nicht mehr nur eritreische Flüchtlinge angeschriebene Leibchen und zerrissene Jeans, auch ältere Damen lassen ihre operierten Knie an der frischen Luft, sogar Meghan Markle, die Verlobte von Prince Harry, lässt ihre schönen Knie aus zerrissenen Jeans blitzen.
Bei den Flüchtlingen hatte Hugo erst immer gedacht, die zerrissenen Hosen seien die, die sie in ihrem Herkunftsland getragen hätten und daran sähe man, wie arm und geschunden die Menschen dort sind. Oder noch schlimmer, man hätte es bei der Caritas nicht für nötig befunden, die Hosen wenigstens mit aufglättbaren Flicken zu versehen.
Dem ist aber weder so noch so. Wie auch immer, es ist ein Zeichen dafür, wie Arm und Reich zusammenwächst. Angenommen ein eritreischer Flüchtling wäre wirklich mit seinen einzigen ärmlich zerrissenen Hosen aus seinem Heimatland geflohen und wäre damit übers Mittelmeer ins gelobte Europa gekommen, hätte er nicht nur die Hosen weiterhin tragen können, er wäre sogar «up to date» gewesen. Und ist es jetzt erst recht. Die Statussymbole sind globalisiert worden. Die Schere zwischen armen und reichen Hosen ist geschlossen, nicht nur deshalb, weil die Löcher in den Jeans nicht damit geschnitten sondern gerissen werden sein müssen. @Hans Suter